Deutschland und der Völkermord an den Armeniern von 1915

Am Holocaust-Gedenktag im Januar 2015 begann der israelische Staatspräsident Reuven Rivlin seine Rede vor der UN-Vollversammlung mit Ausführungen zum Mord an den Armeniern vor 100 Jahren.[1] Der deutsche Bundespräsident Joachim Gauck ging im April einen Schritt weiter: Er nannte die Verbrechen an den Armeniern einen Genozid und nahm Bezug auf alle osmanischen Christen Kleinasiens und Mesopotamiens, die von genozidärer Gewalt in Mitleidenschaft gezogen worden waren.[2] Er tat dies aus gutem Grund, denn Deutschland hat beim Thema „Armenier“ den Horizont seines historisch verbindlichen Gedenkens zu erweitern. Das Jahr 1915 war ein brutaler Bruch für die osmanische Welt: das irreversible Ende bisheriger Koexistenz zwischen Christen und Muslimen und zentrales Ereignis einer bis heute andauernden, modernen Gewaltgeschichte im Nahen Osten. Das Verbrechen des damaligen osmanischen Bündnispartners war indes auch ein moralisches Versagen, ja ein „Genickbruch“[3] deutscher Politik und damit der Weg in eine fatale politische Sackgasse. Lange verstand Deutschland nicht, aus dieser Sackgasse herauszufinden. Noch länger vermochte es nicht, die Situation offen zu legen und seine Mitverantwortung zu artikulieren. >>zeitgeschichte-online.de